Rückenschmerzen

Der Komet Neowise am 19.7.2020

Eine Plage

Rückenschmerz ist die Volkskrankheit Nr.1. 30% aller Menschen leiden ständig darunter. Kreuzschmerzen sind verantwortlich für 10% aller Arbeitsausfälle. Völlig unnütz, und zwar deswegen, weil viele Therapeuten noch nicht verstanden hat, wie der Mechanismus dieser Schmerzen zustande kommt.

Sehen Sie sich diese Muskeln an. Sehen die nicht stark aus? Das sind sie aber nicht. Sie sind die armseligen, schwachen Opfer, die, wie auf einer mittelalterlichen Folterbank auseinandergezogen und gestreckt sind und deswegen schmerzen. Das Schlimme ist, sie können sich selbst nicht dagegen wehren und, solange sie in ihrem üblen Zustand belassen werden, sind sie auch nicht in irgendeiner Weise therapierbar. D.h., niemand kann sie wirkungsvoll auf die Dauer behandeln, wenigstens nicht, solange sie lang gezogen und gedehnt sind. Sie werden gleich verstehen warum.

Problem erkannt – Problem gebannt, für immer,
einfacher geht’s nicht!

Die starken Rückenmuskeln müssen schmerzen, wenigstens solange sie auseinander gezogen werden.

Mittelalterliche Verhältnisse, gegen die Sie nichts unternehmen

Willkürlich war das Mittelalter nicht. Nach deren Rechtsverständnis konnte nur jemand verurteilt werden, der auch vorher ein Geständnis abgegeben hatte. Um den Willen dazu zu beschleunigten, war die einfachste Massnahme, jemanden auf eine Bank zu legen und langsam auseinander zu ziehen. Sie kennen die Folgen, maßlose Schmerzen in Muskeln, Sehnen und Gelenken. Um diese Schmerzen zu beseitigen, ja um sie sofort zu stoppen, gibt es eigentlich nur ein einziges sinnvolles Mittel, und zwar den Folterknecht zu bitten, seine Kurbel andersherum zu drehen oder die Zugbänder zu durchtrennen. Was würden Sie von einem Delinquenten halten, der während der peinlichen Befragung die verschiedensten Ärzte und Apotheker zu Rate zieht, die die unterschiedlichsten Schmerzmittel, Kortisonspritzen, Rheumapflaster, Salben und Nadeln bei ihm anwenden? Wohl nicht sehr viel. Aber genau das ist das Verhalten der meisten Patienten.

Die Suche nach dem Täter

Sie fragen jetzt mit Recht, wie kann ich denn Muskeln Sehnen und Gelenkkapseln entspannen? Ganz einfach, Sie müssen nach dem Kerkermeister suchen, nach dem Täter, der diese Verspannung verursacht hat. Nun gut, es sind mehrere Täter. Und die sitzen alle auf der Vorderseite. Die Täter müssen wir bitten loszulassen, aufzuhören und die Spannung herauszunehmen. Wenn wir das schaffen, haben wir das Problem gelöst. Eine schöne Geschichte. Aber was steckt jetzt dahinter?

Schwer zu erkennen, aber unsere Zivilisation steckt dahinter

Unsere moderne Sitzkultur bringt es mit sich, dass Jahr für Jahr die vordere Muskulatur sich mehr und mehr zusammen zieht, d.h. sie wird kürzer und verkrampft sich wie eine verschlossene Faust. Die Muskeln auf der Gegenseite, eben die Rückenmuskulatur, muss sich dagegen stemmen. Das tut sie auch, so gut sie kann, aber schlussendlich kann sie dem Dauerzug nichts entgegenhalten und sie beginnt langsam länger zu werden, sich auseinander zu ziehen, an manchen Stellen so platt, wie mit einem Eisen gebügelt. Wirkungsvolle Muskelarbeit in einem überstrecktem Zustand zu leisten ist sehr schwer oder fast ausgeschlossen und deswegen müssen sich diesen Muskeln etwas einfallen, wie sie sich wieder ein wenig verkürzen können.

Knotenbildung ist ein Versuch, aber keine Lösung

Da die Muskeln aus einzelnen Muskelfibrillen bestehen, also kleinen Einheiten, die wie lange Bindfäden nebeneinanderliegenden, sind sie auf die Idee gekommen, einfach Knoten zu bilden, sich insgesamt in ihrer Länge zu verkürzen. Diese Knoten kann man zum Teil gut tasten. Sie werden dann Triggerpunkten genannt oder auch Myogelosen, wenn sich größere Areale bilden. Und wir alle wissen, wie diese Punkte schmerzen. Wir fühlen auch die Verspannung dahinter. Nur, was wir nicht immer richtig realisieren ist, dass diese Verspannung eine Überdehnung ist, dass diese Muskel-Sehnen-Apparate weit auseinandergezogen sind. Sie können sich nicht mehr von alleine zusammenziehen. Sämtliche Versuche, durch Muskeltraining die Situation zu verbessern, muss scheitern (das haben die letzten 100 Jahre millionenfach bestätigt).

Ganzheitlich sehen und denken

Würden wir ein wenig ganzheitlicher denken, würden wir nicht mehr so fixiert die Ziele des vorigen Jahrhunderts weiter verfolgen, in dem die Erforschung der kleinsten Teile des Universums die umfassende Erkenntnis bringen sollte, würden wir das Offensichtliche sofort verstehen. Einen einzelnen Muskel gibt es nicht bei einer Bewegung, nur das Zusammenspiel von Muskelsystemen. Funktionieren kann das Ganze nur, wenn die Kräfte gleichmäßig verteilt sind.

Muskelsysteme bestimmen unsere Bewegungen

Es gibt keinen Hauptmuskel mehr, sondern nur das ausgewogene Verhältnis von allen. Nur die kurze Zeit, in der eine zielgerichtete Arbeit verrichtet werden soll, gibt es einen dominanten Partner. Danach tritt wieder Gleichgewicht ein. Etwa so ähnlich, wie ein Symphonieorchester funktioniert.

Perfekt, wie in einem Symphonieorchester. Die unterschiedlichen Instrumente spielen zusammen und auch gegeneinander, differenziert, vom ganzen Klangkörper bis zum Solo. Die einen Instrumente ähneln sich sehr und harmonieren besser miteinander, andere weniger. Manche haben lange Pausen, einige nur kurze. Einige sind laut, andere sehr leise. Sehr selten wird es eine Konstellation geben, in der auch nur eine Minute alle Instrumente exakt das gleiche machen. So ist auch jede Bewegung im oder mit dem Körper ein einmaliger Vorgang. Ähnlich, aber nicht gleich. Die fast unendliche Vielzahl der Myofibrillen mit ihren unterschiedlichen Vektoren und Kraftansätzen, die ein Zielprogramm fördern, hemmen oder verbessern, sorgen für einen perfekten Ablauf. Für diese Perfektion sind auch alle Beteiligten gleich wichtig, ob stark oder schwach. Voraussetzung ist ein ausgeklügeltes Informations- und Kontrollsystem.

Harmonie ist gefragt

Wenn es nicht klappt, ist es diese Harmonie, die gestört ist. Die zunehmende Dysbalance verursacht mehr und mehr Misstöne, bis der Koordinator des Ganzen, der Dirigent (oder die Ratsversammlung im Gehirn) mit dem Taktstock anfängt zu klopfen und mahnt „so geht das nicht“. Das sind die vom Gehirn projizierten Schmerzen, die wir nicht mögen, aber die wir auch verstehen lernen müssen. Die uns so lange drangsalieren, bis wir die Aufforderung verstanden haben. Harmonie, Ausgleich, Entspannung sind gefragt. Mehr nicht.

Gönnen Sie dem „Täter“ mal eine Pause

Es ist ja eigentlich ganz einfach. Bitten Sie doch die gegenüber liegende Muskulatur, also die vorne zusammengezogen, sich einfach zu entspannen. Versuchen Sie einfach wieder ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Muskelgruppen wieder herzustellen. Geben Sie den sowohl vorne als auch hinten geschwächten Muskeln die Gelegenheit sich wieder zu entwickeln und stark zu werden. Dann verschwinden auch alle Schmerzen.

Verspannung lösen und Gleichgewicht herstellen

Wenn Sie die betroffenen, einengenden Bindegewebssträngen entspannen, dann verschwindet ein Großteil der Schmerzen schon nach einigen Übungen und eine freiere Bewegung ist wieder sofort möglich. Zugegeben, nicht für lange, vielleicht bis zum nächsten Tag, wenn die Verspannung wieder zugreift. Nur konsequente Bemühungen bis der Ausgleich wieder hergestellt ist, führen zur endgültigen Erlösung. Die häufig schmerzenden Ausstrahlungen in Arme und Beine belegen, dass Nerven beteiligt sind. Diese ziehen, meist zusammen mit Gefäßen, durch verspannte Faszien und verklebte Muskelpakete. Die bindegewebigen Fasern verbacken, können nicht mehr geschmeidig gegenseitig gleiten und quetschen Nerven und Gefässe ab. Die Versorgung mit Sauerstoff und Nahrung ist eingeschränkt. Die Folge sind Rückenschmerzen.

Den Beginn der Verspannung merken wir nicht

Wir haben es also zu tun mit einem System von Bänder- und Sehnen, die in die Gelenkkapseln übergehen und somit jedes Wirbelgelenk einzeln mit der Zeit weiter einschnüren und damit unbeweglich machen. Zu Beginn merken wir davon wenig. Erst, wenn die Spannung einen bestimmten Punkt überschritten hat, spüren wir den Kreuzschmerz. Oft kommt dieser dann ganz plötzlich und gerade dann, wenn wir durch Stress zusätzlich belastet werden und gerade deshalb auch keine Zeit haben.

Die Teile der Wirbelsäule mit den größten Biegungen sind am stärksten betroffen

Die verschiedenen Abschnitte der Wirbelsäule haben unterschiedliche Funktionen. Daher ist die Ausprägung des Schmerzes nicht überall gleich. Die beweglicheren Teile, Nacken und Lende, sind am häufigsten betroffen. Im Hals und Brustbereich stehen hauptsächlich die kleinen Muskeln zwischen den Wirbelfortsätzen in einer Daueranspannung, die Brennen und Schmerzen verursachen. Sie sind unter anderem für die seitliche Biegung verantwortlich.

Hüftwinkel, der Anfang allen Übels

Der Lendenwirbelbereich ist die größte Schwachstelle. Zu den kleinen Muskeln zwischen den einzelnen Wirbelabschnitten und den langen kräftigen Rückenstreckern kommen noch zusätzlich die großen vorderen und seitlichen Muskeln. Die brauchen wir für die Bewegungen nach allen Seiten. Wenn alle verspannt sind, ist dieser untere Teil der Wirbelsäule einem immensen Druck ausgesetzt. Kein Wunder, dass hier unter dieser Belastung am häufigsten die Bandscheiben gestaucht sind und versagen. Eine Befreiung aus der Umklammerung ist dringend angezeigt.

Ein starker Rücken kennt doch einen Schmerz

Jetzt wird auch verständlich, warum eine zusätzliche Stärkung der Rückenmuskulatur als Schmerztherapie nur vorübergehende Erfolge haben kann und schliesßlich zu einem gegenteiligen Effekt führt, wenn nicht gleichzeitig konsequent alle Teile und vor allen Dingen auch die vordere Muskulatur entspannt wird. Es ist eine weit verbreitete, irrige Annahme, die Rückenmuskulatur müsse gestärkt werden. Sie ist immer stark genug für ein normales Leben ohne besondere, starke Beanspruchung.

Der normale Mensch braucht kein Rückentraining

Mit dem aufrechten Gang ist eine, in der Natur einzigartige, spezielle Muskulatur geschaffen worden, die immer den ganzen Oberkörper im Gleichgewicht über dem Becken halten kann, die autochthone Muskulatur. Da beim stehenden Menschen der Schwerpunkt in etwa beim Nabel liegt, würden wir dauernd nach vorne kippen, wenn nicht eine ziemliche Kraft den Schwerpunkt permanent nach hinten verlagern würde, eben die Bänder und Sehnen der Rückenmuskulatur. Hier gibt es nichts bei einem gesunden Menschen zu verbessern. Denn sie ist immer ideal an den individuellen Körperbau, das Gewicht und den Umfang angepasst. Deswegen, weil sich der Rücken immer „laufend“ jeden Tag selbständig unaufgefordert trainiert. Was anderes ist es, wenn Sie bestimmte Sportarten außüben (Gewichtheben, American Football).

Woher kommen nun die Schmerzen, wegen derer wir die Fitnessübungen ja machen?

Der Schmerz ist ein Schutzschmerz vor weiterer Überlastung. Er soll verhindern, dass die Bandscheiben und Wirbel geschädigt werden. Hunderte von kleinen, verkürzten Muskeln und einige große, kräftige üben einen enormen Druck aus. Irgendwann ist die Grenze erreicht und das Gehirn schaltet den Schutzschmerz ein. Dessen Botschaft lautet: „Bitte Ruhe halten, auf keinen Fall weiter belasten, sonst kann etwas kaputt gehen.“

Diese Nachricht gilt es wirklich zu verinnerlichen. Wenn also die Schmerzen bei Fitnessübungen mehr werden, dann befinden sich Bänder und Sehnen an der Grenze der Belastbarkeit. Weiterer Druck schadet. Wir sollten unsere Übungen überdenken. Entlastung ist dringend notwendig. Das geschieht nur dadurch, dass wir den Muskelfaszien und Sehnen Gelegenheit geben, sich zu entspannen und damit das ganze System entlasten. Das geschieht durch Dehnung.

Dehnung durch Punktpressur

Im Akutfall hilft sofort die Myofasziale Dehnung durch Punktpressur, bei geringerer Einschränkung auch die passende gymnastische Bewegung. Langsam und vorsichtig sollen die Muskeln und Sehnen gedehnt werden. Wir verwenden ein speziell entwickeltes Programm, eine statische Position für diese Rezeptorendehnung. Das ist etwas völlig anderes als die auch in modernen Gymnastikangeboten enthaltenen Dehnungsübungen.

Viele Einzelteile sind am Rücken verschoben

Wenn wir den Rücken genau betrachten, oder besser noch ausmessen, ist mancher Patient erstaunt über die Tatsache, dass da so viel unregelmäßig ist. In der Tat, kaum eine Wirbelsäule ist so gerade, wie sie das Lehrbuch gerne darstellt. Im Lendenbereich zu stark nach innengeschoben (Lordose) und in Brusthöhe eine zu starke Vorwölbung (Kyphose). Dazu kann noch eine Seitwärtsbiegung kommen (Skoliose). Die Schulterblätter stehen auch nicht an richtiger Stelle, das eine zu weit nach außen geschoben, das andere deutlich nach oben verlagert. Und dann ist auch noch auf einer Seite die Muskulatur deutlich stärker entwickelt als auf der anderen. Es ist ganz offensichtlich, die Knochen sind verschoben. Die Wirbelkörper sind zu stark gekippt, nach vorne, nach hinten und zur Seite. Und wie im Fall der vermeintlich besser ausgebildeten Muskulatur auf einer Seite sind die Wirbel auch noch in sich rotiert, wodurch die Seitenfortsätze nach hinten kommen, das Gewebe davor nach oben drücken und damit einen „starken“ Muskel vortäuschen. Dass diese Fehlstellungen weitreichende Konsequenzen in Richtung Kopf/Arm und Becken/Bein haben, kann sich jeder vorstellen.

Die Einzelteile gilt es wieder zu richten

Aber genau darum geht es letztendlich bei unserem Konzept der Behandlung. Die Schmerzen durch die Sofortmaßnahme Druckpunktpressur zurück zu drängen ist das eine, und das ist schnell erreichbar. Ziel ist es aber, wo es eben noch geht, eine dauerhafte Veränderung zu erreichen. Das bedeutet nichts anderes, als tatsächlich die knöcherne Struktur wieder so auszurichten, dass keine Fehlstellung und Verspannung die Beweglichkeit des ganzen Körper einschränkt. Die lokale Verspannungen mit der Verschiebung der einzelnen Knochen folgen einer (oder mehreren) myofaszialen Leitbahnen. Das hat ziemlich lange gedauert, aber die immer wieder kehrenden Fehlbelastungen in einer Richtung haben schlussendlich eine Veränderung erreicht. Jetzt muss die ganze Bahn wieder richtig einrichten werden. Um die Richtung von Knochen zu verändern sind keine Operationen notwendig. Aber es braucht ein wenig Zeit und konsequente Übungen. Nach dem Tensegrity Model genügt der Zug an Sehne und Faszie, um von mehreren Seiten die Idealposition zu finden.

Wissen und Konsequenz führen zu einer neuen Freiheit

Wir geben den Anstoß bei den wesentlichen Veränderungen. Mit der richtigen Einstellung der Muskeln und Knochen von unserer Seite und mit der richtigen Einstellung des Patienten, das heißt, Veränderung zulassen und die entsprechenden Übungen zu machen, richtet sich der Körper wieder selbst perfekt ein. Besser als jeder Fachmann und Rechner kennt jeder Körper seine Bedürfnisse und Möglichkeiten. Dann steht auch wieder die Kraft zur Verfügung, die in den gewaltigen und genial konstruierten Rückenmuskeln steckt und die neu erlangte Beweglichkeit führt zu einer neuen Freiheit.